Allgemeines
Die Zitadelle auf dem Jakobsberg in Mainz ist weit mehr als nur ein Festungsbau. Sie ist Kriegsmahnmal, touristischer Anziehungspunkt, Kulisse für Festivals und Konzerte, sie beherbergt verschiedene Behörden und ist nicht zuletzt Denkmal. Als solches wurde sie bereits 1907 erkannt und steht seither unter besonderem Schutz.
Besucher können sie relativ leicht über den Bahnhof Römisches Theater erreichen, mittlerweile fährt auch der rote Gutenbergexpress zu ihr hinauf.
Im Rahmen meiner Masterarbeit habe ich die Vereinbarkeit von Denkmal- und Naturschutz am Beispiel der Zitadelle Mainz untersucht. Die nachfolgenden Textabschnitte sind Auszüge und themenbezogene Zusammenfassungen dieser Arbeit.
Geschichte
Ein bis heute erhaltenes Zeugnis der römischen Zeiten auf dem Mainzer Jakobsberg ist der sogenannte „Drususstein“. Er ist das Kenotaph des römischen Feldherrn Nero Claudius Drusus, der im Jahr 9 v. Chr. bei einem Feldzug vom Pferd stürzte und bald darauf verstarb (Vgl. PANTER 2007, S.5). Das Kenotaph befindet sich heute auf der nach Süden zeigenden Bastion Drusus, entspricht jedoch nicht mehr seinem ursprünglichen Äußeren. Derzeit werden Restaurierungsmaßnahmen am „Drususstein“ durchgeführt. Weitere Informationen hierzu gibt es unter den aktuellen Beiträgen zu finden.
Über viele Jahre hinweg wurde der Jakobsberg durch die Jakobiner bewohnt. Doch der Klosterbau wurde durch seine strategische Lage einige Male eingenommen und zerstört, weshalb die Gemeinschaft der Mönche sich schließlich dazu entschloss den Jakobsberg zu verlassen.
Im 17. Jahrhundert trat zunehmend die strategische Lage des Jakobsberges in den Vordergrund, weshalb zur Zeit des 30-jährigen Krieges die Schweickhardsburg erbaut wurde. Sie steht in Verbindung mit dem bastionären Verteidigungssystem, das Kurfürst Johann Schweickard von Cronberg rings um die Stadt errichten ließ. Doch die Schweickardsburg mit ihren fünf Bastionen wurde schon bald massiven Umbaumaßnahmen unterzogen – seither steht an ihrer Stelle die heutige Zitadelle mit vier Bastionen. Das Bauwerk hat eine vielfältige Nutzungsgeschichte, die fast durchgängig von wechselndem militärischen Besitz geprägt ist. Im Anschluss an den zweiten Weltkrieg ging sie jedoch allmählich in zivile Nutzung über und beherbergte zunächst eine Schule für die Kinder der französischen Soldaten, seit den 1980er Jahren eine kaufmännische Berufsschule. Heute ist die Zitadelle Sitz für verschiedene Behörden und Ämter und wird auch touristisch zunehmend erschlossen. In ihren einzelnen Gebäuden und Räumlichkeiten sind darüber hinaus verschiedene Museen und Institutionen beheimatet. So zum Beispiel das Stadthistorische Museum und das Garnisonsmuseum, ein Café und seit September 2016 auch die sogenannte Kulturei – eine Kultureinrichtung, die in den historischen Kasematten am Zitadellenvorfeld untergebracht ist.
Denkmalwerte
Die Werte, die eine Gesellschaft ihren Denkmälern zuschreibt, können je nach Zeitalter und gesellschaftlichen Konventionen erheblich schwanken. Auch können diese Werte – neben den derzeit vom Gesetzgeber vorgeschriebenen – zusätzlich von den Personen abhängen, die ein Denkmal betrachten und es Wert schätzen. Laut geltendem Denkmalschutzgesetz des Landes Rheinland-Pfalz, § 3. Abs. 1, hängt die Erhaltung und Pflege der Denkmäler von dem öffentlichen Interesse aus geschichtlichen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder städtebaulichen Gründen ab.
Für die Zitadelle treffen gleich drei dieser Kategorien zu, da sie von besonderer historischer, wissenschaftlicher und städtebaulicher Bedeutung ist.
Die Zitadelle als Biotop
Das Gebiet, das heute die historischen Mauern der Zitadelle Mainz umfasst, ist vielfältig genutzt und reichhaltig in seiner biologischen Vielfalt. Das der Stadt zugewandte Zitadellenvorfeld war bis vor ca. 15 Jahren noch stark von Bäumen und Sträuchern bewachsen und die Zitadelle somit kaum wahrnehmbar. Heute ist das Zitadellenvorfeld frei von Gehölzen und bietet einen ansprechenden Rahmen für das imposante Bauwerk. Im Gegensatz zu diesen der Stadt zugewandten beiden Bastionen, sind die Bastionen der Landseite zusätzlich von einer sogenannten „Contrescarpe“ umschlossen. Diese zusätzliche Mauer rahmt den Zitadellengraben ein, der über die vergangenen Jahrzehnte einen urwaldähnlichen Charakter angenommen hat. In diesen Wällen und Gräben von denen die Zitadelle umgeben wird, hat sich in den letzten Jahrzehnten eine außergewöhnliche Artenvielfalt der Flora und Fauna entwickelt. Seit 1986 steht daher ein Teil des Zitadellengrabens als „Geschützter Landschaftsbestandteil“ (GLB) unter Naturschutz. Dieser GLB darf nur unter besonderen Umständen betreten werden, sodass beispielsweise die dort heimische Vogelwelt nicht von Spaziergängern oder Hunden beim Nisten gestört wird.
Die Zitadelle ist ein besonders interessantes Beispiel für den naturgerechten Umgang mit historischen Großbauten, da sie zum einen als Einzeldenkmal der Befestigungsanlage der Festungsstadt Mainz einen besonderen Status genießt, zum anderen der Biologie durch ihre Kombination aus Abgeschiedenheit, Stadtnähe und jahrhundertelanger Standortkontinuität eine besondere Nische bietet. Dieser Schlupfwinkel wird insbesondere von vielen gefährdeten Arten genutzt. Durch diese Besonderheiten entstehen für Denkmalpfleger wie Naturschützer herausfordernde Rahmenbedingungen, die es bei der Pflege und dem langfristigen Erhalt solcher Gebäude zu beachten gilt.
In der Vergangenheit führten diese Herausforderungen zu regen Diskussionen über den Umgang mit der Zitadelle, besonders der Umgang mit Gehölzen trat hierbei in den Vordergrund. Derzeit wird jedoch ein gemeinsamer Lösungsweg ausgearbeitet, der nicht nur das Denkmal für unsere Nachwelt erhalten soll, sondern auch dem Schutz der Natur Rechnung trägt. Über diese Entwicklungen können Sie stets aktuell in meinen Blog nachlesen.
Neugierig geworden?
Wer nun Wissensdurst auf mehr bekommen hat, der kann diesen bald unter der Rubrik Empfohlene Literatur stillen.
Verwendete Literatur
-
PANTER 2007: Panter, Andreas: Der Drususstein in Mainz und dessen Einordnung in die römische Grabarchitektur seiner Erbauungszeit. Mainz 2007.
Empfohlene Zitierweise dieses Artikels:
Brandt, Julia: „Die Mainzer Zitadelle“ in: www.festungsforschung-mainz.de [26.07.2019], URL: www.festungsforschung-mainz.de/die-mainzer-zitadelle, zul. aufgerufen am: Datum einfügen.
Die Seite befindet sich derzeit noch im Aufbau. Weitere Beiträge werden im Zuge der Forschungsarbeiten ergänzt und freigeschaltet.